Jörg Nobis: „Der Haushaltsentwurf 2022 ist verfassungswidrig, unsolide und unsolidarisch!“

Jörg Nobis, Landtagsabgeordneter der AfD im Schleswig-Holsteinischen Landtag, lehnt für die AfD den Haushaltsentwurf 2022 ab.

„Ein Parkverstoß bleibt eine Ordnungswidrigkeit, auch wenn gerade keine Politesse zur Stelle ist. Eine Straftat bleibt eine Straftat, auch wenn niemand sie zur Anzeige bringt; ein verfassungswidriger Haushalt bleibt ein verfassungswidriger Haushalt, auch, wenn das Landesverfassungsgericht dies nicht feststellen kann, weil niemand Verfassungsbeschwerde erhebt oder erheben kann. Daher kann ich meine heutige Rede auch gleich mit der Conclusio beginnen: Wir stimmen Ihrem schuldenbasierten Haushalt nicht zu!

Über die Verfassungswidrigkeit des laufenden Haushalts hatte ich bereits in meiner Haushaltsrede im Februar ausgeführt. Mittlerweile wird meine Sicht durch das Urteil des Staatsgerichtshofes in Hessen bei grundsätzlich vergleichbarer Rechtslage bestätigt. So hat das Gericht beispielsweise festgestellt, dass sowohl die Kreditaufnahme als auch die kreditfinanzierten Projekte und Maßnahmenpakete zur Krisenbekämpfung geeignet sein müssen. Insbesondere die einmalige Kreditermächtigung `auf Vorrat` verstößt eklatant gegen das Jährlichkeitsprinzip. Die Finanzierung von Radwegen, E-Mobilität, Batterieforschung und die von Ihnen einmütig beschlossenen Zuweisungen an politische Bildungseinrichtungen haben nichts, aber rein gar nichts mit Corona oder den Folgen zu tun. Die Verwendung von Teilen von Notkrediten für diese Maßnahmen ist daher zweck- und verfassungswidrig. Dass Sie für in diesem Jahr nicht in Anspruch genommene Corona-Notkredite mal so eben mir nichts, dir nichts eine Restkreditermächtigung durchdrücken wollten, setzte dem ganzen dann noch die Krone auf. Immerhin sind Sie in diesem Punkt nach Hinweis vom Landesrechnungshof zurückgerudert.

Die Sorgen eines jeden aufrechten Demokraten wachsen, weil auch auf Bundesebene mit den gleichen Taschenspielertricks gearbeitet wird. Auch da will der neue Finanzminister Lindner von der FDP, der im Wahlkampf noch von Schulden gar nichts wissen wollte, erst recht nicht für `grüne` Projekte, 60 Milliarden Euro Kreditermächtigung umwidmen. `Wir sehen tatsächlich die Verfassung in Gefahr und wer muss sie schützen? Das ist in einem solchen Fall die Opposition`. Diese beiden Sätze kamen vorgestern von der CDU-Fraktion im Bundestag, genauer von Christian Haase, seines Zeichens Haushaltspolitiker. Kaum ist die CDU in der Opposition, gibt sie vor, die Verfassung zu schützen. Hier im Land stellt sie den Ministerpräsidenten, da scheint Verfassungstreue bisweilen nachrangig zu sein. Und die vermeintliche Opposition aus SPD und SSW marschiert im Gleichschritt mit, anders als etwa die SPD in Hessen.

Hier im Norden sind wir als AfD die einzigen, die das Monieren. Ihr Haushalt atmet aber nicht nur den Geist der Verfassungswidrigkeit, er ist darüber hinaus auch ein unsolider Schuldenhaushalt. Trotz wieder stark gestiegener Steuereinnahmen und einer Prognose für die kommenden Jahre, die nur unwesentlich unter der Vor-Corona-Prognose von 2019 liegt, schaffen Sie es nicht im Ansatz, für die kommenden Jahre eine strukturell ausgeglichene Finanzplanung zu skizzieren. Und das liegt eben nicht nur an Corona. Die Systematik der Notkreditermächtigung und vor allem auch die Systematik der Schuldenbremse führen darüber hinaus dazu, dass bis 2024 sämtliche konjunkturellen Mehreinnahmen das Defizit nicht reduzieren. Darüber hinaus müsste das Defizit höher ausgewiesen werden: Bereits zugesagte Investitionszuschüsse an das UKSH in Höhe von 224 Millionen Euro sind ebenso wenig enthalten wie die Mehrausgaben für den Ausbau der schulischen Ganztagsbetreuung.
Das heißt auf gut Deutsch: Sie arbeiten in der Finanzplanung mit ungedeckten Schecks! Schleswig-Holstein hat auch weiterhin kein Problem mit Einnahmen, sondern ein massives Ausgabenproblem. Und dieses Ausgabenproblem muss an der Wurzel angepackt werden: Bei den Ausgaben!

Wir legen Ihnen dazu heute 83 Änderungsanträge vor, die in Summe zu Einsparungen von über 105 Millionen Euro führen. 105 Millionen Euro in Richtung eines ausgeglichenen Haushalts – ohne auch nur einen Cent bei der Corona-Bekämpfung einzusparen. Wir schlagen mit unseren Änderungsanträgen erneut vor die Aufwendungen für die Migrationsfolgekosten wie Integration und Teilhabe deutlich zu reduzieren. Rund 20 Millionen Euro können hier problemlos gestrichen werden, da es sich hier nicht um bundesgesetzlich festgeschriebene Leistungen, sondern ausschließlich um freiwillige Leistungen mit fragwürdigem Nutzen handelt. Wir wollen die Zuschüsse an die Asylindustrie streichen, die sich in diesem Land mittlerweile breit gemacht hat.
An dieser Stelle verbinde ich mit dem anstehenden Jahreswechsel die Hoffnung, dass die Länder an der Süd- und Südostgrenze der EU sich ein Beispiel nehmen an dem standhaften Grenzmanagement unserer polnischen Freunde. Ganz zurecht bedankt sich sogar der neue Bundeskanzler Olaf Scholz bei den Polen für den Schutz der Schengen-Außengrenze. Und Sie sehen: Der Irak holt mittlerweile seine Staatsbürger per Luftbrücke mit dem Flugzeug wieder zurück in die Heimat. Unser haushälterischer Dank geht in diesen Tagen daher auch an die polnischen Grenzschützer – sie schützen mittelbar unsere Haushalte vor zukünftig weiteren Belastungen. Danke Polen!

Es gibt im Haushalt noch weitere Posten, bei denen man etwas näher hinschauen muss: Ferner beantragen wir die im Innenministerium für sogenanntes `nachhaltiges Flächenmanagement` vorgesehenen 3 Millionen Euro zu streichen. Flächenmanagement klinge doch gut, wenden Sie jetzt ein, und `nachhaltig` sei noch besser, das sei ein Beitrag zum Klimaschutz und überhaupt irgendwie gut fürs Land. Die Realität könnte weiter nicht entfernt sein: Hier handelt es sich um Gelder, mit denen das Land den Kreisen Stellen finanziert, die den Kommunen dann gute Ratschläge geben sollen. In vielen Kreisen gab es also Bestrebungen, entsprechend `Flächenmanager` mit Zuschüssen vom Land einzuwerben, die dann den Kommunen Selbstverständlichkeiten wie den Grundsatz `Binnenentwicklung vor Außenentwicklung´ erklären sollen. Diese Art von Bevormundung und Paternalismus benötigen die Gemeinden nicht. Aus einer gut gemeinten Idee wird bei Ihnen im Handumdrehen Bürokratie. Deshalb ist es auch nur richtig und konsequent, dass etwa der Kreistag bei mir in Segeberg dieses Anliegen im Hauptausschuss einstimmig bei zwei Enthaltungen abgelehnt hat – und der Landrat die Vorlage daraufhin zurückgezogen hat. Zumindest im Kreis Segeberg hat die Subsidiarität an dieser Stelle gegen bürokratischen Zentralismus aus Kiel die Oberhand behalten. Wir beantragen die hierfür vorgesehenen drei Millionen Euro Landesmittel einzusparen.

Weiter geht’s mit wohlklingenden, aber letztlich unsinnigen Projekten: Insgesamt 8,5 Mio. Euro wollen Sie beispielsweise im kommenden Jahr für Maßnahmen zum Schutz der Insekten zur Verfügung stellen. Dabei haben die Haushaltsberatungen gezeigt, dass es selbst für die Mittel, die in diesem Jahr zur Verfügung gestellt wurden, nicht einen einzigen Antrag gibt. Und wenn die Verbände und Vereine, die sich täglich mit Bienen und Hummeln beschäftigen, nicht wissen, wofür sie diese Millionenbeträge ausgeben sollen, dann spart man sie lieber ein. Investieren Sie lieber zuerst einmal in Forschung und Bestandsaufnahme statt wahllos in irgendwelche staatlich subventionierte Insektenhotels. Passend zu diesen Ideen erinnere ich auch in diesem Jahr wieder an Ihre absurdesten Geldverschwendungen: Das Versuchsprojekt `E-Highway` an der A1 sollten Sie dringend streichen, bevor diese Beträge im Schwarzbuch der Steuerzahler auftauchen. Es ist schon heute absehbar, dass sich LKWs mit Stromabnehmern nicht durchsetzen werden. Niemals werden die rund 13.200 Kilometer Autobahnen in Deutschland elektrifiziert werden. Das Projekt hat auch die Probleme durch die Oberleitungen im Rettungseinsatz aufgezeigt.

Meine Damen und Herren, jeder weiter Steuereuro, der in dieses Projekt fließt, ist am Ende verschwendet. Und dabei ist herzlich egal, dass diese Gelder vom Bund kommen und nur durch den Landeshaushalt hindurchfließen. Steuergeld bleibt Steuergeld. Und auch originär Schleswig-Holsteinisches Steuergeld geben Sie weiter an Stellen aus, wo eine Förderung längst nicht mehr notwendig ist, wo der Markt eine Regulierung vornehmen könnte und sollte: Wir beantragen daher auch die Streichung von 500.000 Euro, die Sie mit `Klimaschutz für Bürgerinnen und Bürger` einmal mehr wohlklingend etikettiert haben. Doch nicht das Klima wird hier `geschützt`, nein – Sie schützen die Geldbeutel einiger weniger grüner Wohlstandsprofiteure. Wie so oft, wenn Sie versuchen, in Schleswig-Holstein die Welt zu retten, ist die Gleichung ganz einfach: Wer hat, dem wird gegeben. Und alle anderen sollen halt sehen, wie sie ihre Stromrechnung bezahlen oder die nächste Tankfüllung, um zur Arbeit zu fahren.

Dieser Haushalt ist verfassungswidrig, er ist unsolide und er ist unsolidarisch. Wir lehnen ihn mit guten Gründen und aus voller Überzeugung ab. Vielen Dank!“